Die Schlacht um die Anerkennung von Europäischen Nachlasszeugnissen (ENZ) in der Tschechischen Republik geht erfolgreich weiter.

Noch einmal Europäische Nachlasszeugnisse (ENZ) in der Tschechischen Republik: die Eintragung aufgrund eines deutschen notariellen Protokolls und ein gutgläubiger Erwerb aufgrund eines ENZ sind möglich

Mit diesem Artikel knüpfen wir an den Ausblick des Artikels vom Januar 2020 an, in dem wir von der erfolgreichen Geltendmachung von deutschen ENZ gemäß der Europäischen Erbverordnung (Verordnung Nr. 650/2012/EU) vor den tschechischen Gerichten gegen Entscheidungen der tschechischen Katasterämter berichteten („News bei ENZ: Siege in Prag und in der Berufung in Olmütz! Novelle der Katasterverordnung ab 1.1.2020 in der Tschechischen Republik“). Das Bezirksgericht in Prag hat Anfang April 2020 allen unseren Klagen stattgegeben, obwohl in dem vorgelegten ENZ – es handelte sich immer um das gleiche ENZ – keine vererbten Immobilien spezifiziert worden waren. Genau dies verlangt aber das tschechische Katastergesetz. Zusätzlich kann ab 1.1.2020 neben dem ENZ eine Ehrenerklärung vorgelegt werden – bei deren und der Vorlage eines gültigen ENZ tragen die Katasterämter die Erben ohne Probleme ein. Genau das gleiche Problem bei ENZ, in denen keine Vermögensspezifikation in der Anlage IV vorgenommen wurde – diese wird von den Gerichten in Bayern und Thüringen nach wie vor nicht ausgestellt -, besteht mit Katasterämtern mindestens auch in der Slowakei, in Litauen, in Kroatien und in Ungarn: in diesen Ländern ist das Problem unseres Wissens aber weder gerichtlich, noch gesetzgeberisch gelöst. Auch der EuGH hat sich bisher zu dieser Frage nicht geäußert.

Zwei Urteile des Bezirksgerichts in Prag (Krajský soud v Praze) vom 2. April 2020 haben jetzt Klarheit gebracht, ob auch ein deutsches notarielles Protokoll zur Umtragung von tschechischen Grundstücken im Sinne von Art. 59 f. EuErbVO ausreicht, und ein weiteres Urteil dieses Gerichts vom gleichen Tag hat bestätigt, dass ein gutgläubiger Erwerb einer tschechischen Immobilie aufgrund eines deutschen ENZ nach Art. 69 Abs. 4 EuErbVO möglich ist, auch wenn die Immobilie in dem ENZ gar nicht aufgeführt ist.

Vorlage eines deutschen notariellen Protokolls

Das Bezirksgericht in Prag hat die Ablehnung des Katasteramts, eine Eintragung aufgrund eines notariellen Protokolls vorzunehmen, durch sein Urteil ersetzt und die Eintragung angeordnet. In der Zwischenzeit ist das Katasteramt dieser Anordnung auch nachgekommen. Der Grund war einfach: das Gericht hat eine Vermögensaufteilung in einem deutschen notariellen Protokoll als anderes Dokument im Sinne von Art. 59f. EuErbVO angesehen – in Kombination mit einem gültigen ENZ. Weil in dem notariellen Protokoll die Grundstücke eingetragen waren, war auch dem Katastergesetz genüge getan.

Gutgläubiger Erwerb einer tschechischen Immobilie aufgrund eines deutschen ENZ nach Art. 69 Abs. 4 EuErbVO

Die zweite Klage war für Bezirksgericht in Prag schon komplizierter, weil in diesem Fall ein deutsches ENZ vorlag, das keine Spezifikation der Grundstücke enthielt, und weil eine dritte Person, d.h. ein Erwerber, sich auf den gutgläubigen Erwerb einer tschechischen Immobilie nach Art. 69 Abs. 4 EuErbVO berief – diese Regelung entspricht dem gutgläubigen Erwerb auf der Grundlage eines Erbscheins nach §§ 2365f. des deutschen BGB. Obwohl in dem ENZ die Immobilien nicht aufgeführt waren, hat das Gericht unserer Klage gegen die Ablehnung der Eintragung durch das Katasteramt stattgegeben und angeordnet, dass der Erwerber von den Erben, die nicht im tschechischen Immobilienkataster eingetragen waren, direkt als Eigentümer eingetragen wird, obwohl das ENZ die Grundstücke nicht enthielt.

Weiterhin keine Klärung durch den EuGH, aber mehrere Möglichkeiten für die Praxis

Leider sind bisher keine Fragen bezüglich der Aufführung von Vermögensgegenständen im ENZ durch den EuGH geklärt, also weder die Frage, ob ein Gericht auf Antrag die Vermögensgegenstände aufführen muss, noch, ob das Katasteramt in Ländern, in denen ein Katastergesetz die Spezifikation verlangt, die Eintragung trotzdem vornehmen muss. Aber für die Praxis ergibt sich in Ländern, die nicht wie die Tschechische Republik die Notlösung durch eine Ehrenerklärung kennen, die Möglichkeit, die Vorlage des ENZ vor den Katasterämtern zu umgehen: bei mehreren Erben kann ein notarielles Protokoll erstellt werden, in denen die Erben die Immobilien untereinander aufteilen – das setzt natürlich mehrere Erben und mehrere Grundstücke voraus -, oder die Erben übertragen die Grundstücke auf einen gutgläubigen Dritten, der dann die Eintragung direkt auf sich beantragt. Für den Fall aber, dass nur ein Alleinerbe Immobilien erbt und diese behalten will, gibt es derzeit nur in der Tschechischen Republik die Möglichkeit, die Eintragung durch die Vorlage der zusätzlichen Ehrenerklärung zu erreichen. Ansonsten muss die Umschreibung vor den tschechischen Gerichten, aber auch vor den Gerichten in Ländern wie in der Slowakei, in Litauen, Kroatien oder Ungarn, eingeklagt werden. Außerhalb von Bayern und Thüringen ist auch die Möglichkeit eröffnet, beim deutschen Amtsgericht darauf zu bestehen, dass die Immobilien im ENZ in der Anlage IV eingetragen werden. Das muss allerdings gleich ganz am Anfang des Verfahrens geschehen, und zwar mit dem Hinweis auf die Verwendung des ENZ in Ländern wie der Tschechischen Republik, der Slowakei, Litauen, Kroatien oder Ungarn.

Quelle:
Verordnung Nr. 650/2012/EU (tschechisches)
Katastergesetz, Gesetz Nr. 256/2013 Sb. (tschechische)
Katasterverordnung, Nr. 357/2013 Sb., mit der Änderung durch die Verordnung, Nr. 301/2019 Sb.

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