Der tschechische Oberste Gerichtshof hat entschieden, dass Aktionäre die Verantwortung für konkrete Vorstandsentscheidungen auf sich nehmen können

In einem jüngeren Urteil hat sich der Oberste Gerichtshof zur Möglichkeit geäußert, dass Aktionäre sich in einer Aktionärsvereinbarung dazu verpflichten, beim Vorstand Fürsprache für eine bestimmte Entscheidung zu halten oder gar die Verantwortung für die Verabschiedung einer solchen Entscheidung zu übernehmen.

Der Oberste Gerichtshof hatte sich in einem von ihm beurteilten Fall mit der Frage zu befassen, ob Aktionäre eine Vereinbarung treffen können, wonach sie sich bei Vorstandsmitgliedern für die Verabschiedung eines bestimmten Beschlusses einsetzen werden oder gar die Verantwortung für das Ergebnis (also die Verabschiedung des Beschlusses durch den Vorstand) übernehmen.

Grundsätzlich steht außer Zweifel, dass die Aktionäre vereinbaren können, bei Vorstandsmitgliedern ein Wort für die Verabschiedung konkreter Beschlüsse einzulegen. Der Vorstand ist allerdings an derartige Vorschläge in keinster Weise gebunden. Er kann die ihm vorgelegte Empfehlung bzw. die Auffassung der Aktionäre beurteilen und bei der Entscheidungsfindung in Betracht ziehen. Ein Vorstandsmitglied, welches die Empfehlung seitens eines Aktionärs ohne kritische Beurteilung einfach übernähme und zur Entscheidungsreife brächte, würde sicherlich seine gesetzliche Sorgfaltspflicht verletzen. Ebenso steht es Aktionären offen, in einer Aktionärsvereinbarung die Verpflichtung zu übernehmen, den Vorstand zur Verabschiedung einer bestimmten Entscheidung zu bewegen und solcher Art eine „Ergebnisgarantie“ zu übernehmen.

Der Kern der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs liegt allerdings darin, dass die Aktionäre die Pflicht zur Fürsprache bzw. die Verantwortung für eine bestimmte Vorstandsentscheidung nur insoweit übernehmen können, als dies nicht im Widerspruch zu Gesetz oder Satzung steht, d.h., die fragliche Entscheidung darf nicht die Führung der Geschäfte der Gesellschaft betreffen. Im gegenteiligen Fall, so der Oberste Gerichtshof, kann die Aktionärsvereinbarung wg. Gesetzeswidrigkeit nichtig sein.

Kraft Gesetzes ist die Führung der Geschäfte einer Aktiengesellschaft dem Vorstand anvertraut, dem niemand Weisungen betreffend die Geschäftsführung erteilen darf. Deshalb bedarf es stets einer sorgfältigen Einzelfallprüfung mit Berücksichtigung der besonderen Umstände, ob die Entscheidung, welche die Aktionäre dem Vorstand nahezulegen sich verpflichtet haben (bzw. für deren Verabschiedung sie die Verantwortung übernommen haben) Fragen der Geschäftsführung berührt. So würden z.B. Entscheidungen zur Bereitstellung der Finanzierung für das Tagesgeschäft des Unternehmens sicherlich als zur Führung der Geschäfte zählende Entscheidungen gewertet. Eine Entscheidung über die Sicherstellung der Finanzierung für neue Großprojekte hingegen könnte in bestimmten Fällen außerhalb des Rahmens der Geschäftsführung liegen und zum strategischen Management zählen. Vorbehaltlich einer anderweitigen Regelung in der Satzung gilt, dass die Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft (allerdings nicht die einzelnen Aktionäre) sehr wohl befugt sind, dem Vorstand Weisungen betreffend das strategische Management zu erteilen.

Aktionäre können also durchaus eine Fürsprachepflicht oder eine Ergebnisgarantie betreffend die Verabschiedung konkreter Entscheidungen durch den Vorstand übernehmen, jedoch stets so, dass die Entscheidungen des Vorstands im Einklang mit dem Gesetz und der Satzung stehen, so dass die einzelnen Vorstandsmitglieder nicht gegen ihre Sorgfaltspflicht verstoßen.

Quelle:
Urteil des Obersten Gerichtshofs 27 Cdo 1873/2019 vom 16.3.2021

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