Der Geschäftsführer als Umsatzsteuerzahler?

Der Oberste Verwaltungsgerichtshof der Tschechischen Republik hat gegen Ende des Jahres 2016 eine Entscheidung erlassen, die es den Mitgliedern der Gesellschaftsgremien juristischer Personen ermöglicht, für sich den Status eines Umsatzsteuerzahlers in Anspruch zu nehmen, mit allen sich hieraus ergebenden Rechten und Pflichten.

Im Sinne des derzeitigen Wortlauts des Umsatzsteuergesetzes (UStG-cz) gilt als zur Umsatzsteuer veranlagte Person eine natürliche oder juristische Person, die einer selbständigen wirtschaftlichen Betätigung nachgeht.

Neben den Tätigkeiten, die als solche wirtschaftliche Betätigung zu gelten haben, definiert das UStG-cz außerdem auch Fälle, in denen keine wirtschaftliche Betätigung vorliegt. Gemäß dem UStG-cz ist dies u.a. überall dort der Fall, wo die Person, die die Tätigkeit ausübt, ihr Einkommen einkommensteuerrechtlich als Einkünfte aus abhängiger Tätigkeit versteuert.

Nun ist es aber gemäß dem tschechischen Einkommensteuergesetz (EStG-cz) in der derzeit geltenden Fassung so, dass auch die Vergütung des Mitglieds eines Gesellschaftsgremiums (also z.B. die Vergütung eines Geschäftsführers oder eines Vorstandsmitglieds) als Einkommen aus abhängiger Tätigkeit gilt.

Mit Verweis auf das EStG-cz nimmt damit das UStG-cz die Ausübung eines Gesellschaftsamts von der wirtschaftlichen Betätigung aus und die Betreffenden sind damit nicht zur Umsatzsteuer veranlagt und können nicht zum Umsatzsteuerzahler werden (bzw. unterliegt die betreffende Tätigkeit auch dann nicht der Umsatzsteuer, wenn die betreffende Person bereits aus irgendeinem anderen Grund Umsatzsteuerzahler sein sollte). In seinem Urteil AZ 2 Afs 100/2016-29 vom 22.11.2016 ist der Oberste Verwaltungsgerichtshof der Tschechischen Republik (OVerwGH) aber angesichts der Besonderheiten der Beziehung zwischen juristischen Personen und deren sog. „Statutarorgan“ (Geschäftsführer) zu dem Schluss gelangt, dass die Ausübung des Geschäftsführeramts eben doch eine selbständige wirtschaftliche Betätigung darstellt und die einschlägigen Bestimmungen des Umsatzsteuergesetzes, die die Tätigkeit des Geschäftsführers von der in diesem Gesetz definierten wirtschaftlichen Betätigung ausnehmen, im Widerspruch zur einschlägigen europäischen Richtlinie (über das gemeinsame Umsatzsteuersystem) stehen. Damit kann der Einzelne sich jetzt auf die Durchschlagswirkung dieser Richtlinie berufen.

Das genannte Fazit des OVerwGH kann dabei nicht auf die Ausübung des Geschäftsführeramts eingeengt werde, sondern ist vielmehr auf sämtliche Mitglieder der gewählten Organe juristischer Personen anzuwenden.

In der Praxis bedeutet dies: bis zu einer etwaigen Neufassung des UStG-cz (Anm.: das kürzlich verabschiedete „Steuerpaket“ löst diese Frage nicht!) können die Mitglieder gewählter Gesellschaftsgremien dank der Direktwirkung der Richtlinie die Wahl treffen, ob sie die Vorteile in Anspruch nehmen wollen, die mit dem Status eines Umsatzsteuerzahlers verbunden sind (bestehend in der Geltendmachung des Vorsteuerabzugs für im Rahmen der Amtsausübung in Anspruch genommene Leistungen – dabei hat zugleich auch die juristische Person die Möglichkeit, die Umsatzsteuerrückerstattung in Anspruch zu nehmen). Dabei muss niemand befürchten, dass die zuständige Steuerbehörde womöglich Umsatzsteuerrückstände erhebt: die direkte Wirkung der europäischen Richtlinie kommt im vorliegenden Fall dem Einzelnen zugute, dem auf der Grundlage dieser Wirkung keine Pflicht auferlegt werden darf.

Für die juristische Person dürfte das Vorstehende insbesondere auch aus Sicht der potenziellen Reduzierung von Verwaltungs- und Lohnkosten von Interesse sein.

Quelle: Urteil des OVerwGH AZ 2 Afs 100/2016-29 vom 22.11.2016 Ges. Nr. 235/2004 Slg., über die Umsatzsteuer Ges. Nr. 586/1992 Slg., über die Einkommensteuer

 

 

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