Czech Republic: Das Europäische Nachlasszeugnis als neues Institut des europäischen Erbrechts ist mit Verspätung im tschechischen Recht verankert worden.
Das Europäische Nachlasszeugnis (im Weiteren nur „Nachlasszeugnis“) ist ein relativ neues Rechtsinstitut, welches von der Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates (EU) Nr. 650/2012 vom 04.07.2012, über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Annahme und Vollstreckung öffentlicher Urkunden in Erbsachen sowie zur Einführung eines Europäischen Nachlasszeugnisses („Verordnung“) eingeführt worden ist.
Kurz gesagt handelt es sich um eine öffentliche Urkunde, die auf dem Gebiet aller EU-Mitgliedsstaaten anerkannt wird und die es Erben, Vermächtnisnehmern, Testamentsvollstreckern und Nachlassverwaltern ermöglicht, ihre Rechtsstellung im Nachlassverfahren zwecks Ausübung der damit verbundenen Rechte und Kompetenzen zu ermöglichen. Das Nachlasszeugnis soll u.a. als rechtsgültiges Dokument für die Eintragung von Vermögenswerten in die entsprechenden öffentlichen Verzeichnisse der Mitgliedsstaaten (z.B. Handelsregister oder Grundbücher) Verwendung finden.
Obwohl die Verordnung bereits 2012 in Kraft getreten ist und seine Bestimmungen (als unmittelbar anzuwendende Vorschrift des EU-Rechts) bereits ohne Weiteres auf sämtliche Erbsachen Anwendungen finden, bei denen der Erblasser am 17.08.2015 oder später verstorben ist, bestand im tschechischen Recht bisher keinerlei Regelung zum Nachlasszeugnis. Dieses Problem wurde erst mit der Neufassung des Gesetzes über besondere Gerichtsverfahren (Ges. Nr. 161/2016 Slg.) gelöst, welche zum 07.06.2016 in Kraft getreten ist.
Gemäß der Neufassung wird das Nachlasszeugnis auf Antrag und bei Vorliegen der in der Verordnung festgesetzten Bedingungen von dem Gericht ausgestellt, welches für die Verhandlung des Erbverfahrens örtlich zuständig ist; bis zum Abschluss des Nachlassverfahrens erfolgt die Ausstellung namens des Gerichts durch den Notar in der Rechtsstellung eines sog. Gerichtskommissärs. Das Nachlasszeugnis gilt im Regelfall für sechs Monate, mit der Möglichkeit der Verlängerung.
Den Berechtigten steht also bei der Nutzung dieses neuen Instituts nichts mehr im Wege. Das Nachlasszeugnis sollte es insbesondere den Erben leichter machen, über Nachlassvermögen zu verfügen, welches sich im Ausland auf dem Boden eines anderen EU-Mitgliedstaats befindet, bzw. ihre diesbezüglichen Verfügungsrechte nachzuweisen.
Quelle: Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates (EU) Nr. 650/2012 vom 4 Juli 2012 Ges. Nr. 161/2016 Slg.