Wieder eine sog. „Große“ Novelle des Insolvenzrechts
Das vollmundig als „große“ Novelle bezeichnete Änderungsgesetz zum Insolvenzgesetz (IG) (Gesetz Nr. 64/2017, Novelle) tritt am 1. Juli 2017 in Kraft. Die Änderungen umfassen Klarstellungen der internationalen und der örtlichen Zuständigkeit der Insolvenzgerichte, eine Vermutung der Zahlungsfähigkeit, neue Regelungen zu unbegründeten, d.h. missbräuchlich eingereichten Insolvenzanträgen und neue Regeln bei Entschuldungsverfahren. Die Änderungen der Entschuldungsverfahren, d.h. der Verbraucherinsolvenz, sind sehr umfangreich. Deren Darstellung bleibt einem zweiten Artikel vorbehalten, der im nächsten bnt Journal erscheinen wird.
Es ist zu beachten, dass die Änderungen der Novelle auch solche Verfahren betreffen, bei denen der Insolvenzantrag schon vor dem 1. Juli 2017 gestellt worden ist. Dies bedeutet, dass alle Insolvenzverfahren nach dem 1. Juli 2017 nach den neuen Regeln zu führen sind. Alle Rechtshandlungen, die vor dem Inkrafttreten der Novelle bewirkt worden sind, sind aber weiterhin wirksam. Dies betrifft insbesondere die Wirksamkeit von Insolvenzanträgen und von allen Beschlüssen des Insolvenzgerichts und des Insolvenzverwalters, die vor dem 1. Juli 2017 ergangen sind.
Klarstellungen zur Zuständigkeit der Insolvenzgerichte
Die Novelle fasst die Regeln zur internationalen Zuständigkeit (§ 427 IG) neu. Es wird jetzt auf die direkt anwendbare und Mitte dieses Jahres in Kraft tretende neue Verordnung 2015/848/EU verwiesen, die die internationale Zuständigkeit der Insolvenzverfahren regelt. Über die Zuständigkeit bei Verfahren mit einem internationalen Element hat das tschechische Insolvenzgericht im Wege eines Beschlusses zu entscheiden, wenn ein internationales Element im Insolvenzverfahren enthalten ist. Auf nationaler Ebene wurden die Regeln über die örtliche Zuständigkeit geändert – diese Zuständigkeit regelt sich nun nach dem Sitz, der sechs Monate vor der Stellung des Insolvenzantrages im Handelsregister eingetragen war (§ 7 Abs. 1 IG), womit ein „Forum Shopping“ verhindert werden soll. Die sechs Monate-Regel dürfte aber nur innerhalb der Tschechischen Republik einen Effekt haben, denn sie widerspricht der Regelung in der Verordnung 2015/848/EU (VO), die für Sitzverlegungen vor der Eröffnung der Insolvenz eine Drei-Monats-Regel aufstellt (Art. 3 Abs. 1 zweiter Satz VO).
Neue Vermutung der Zahlungsfähigkeit
Für Unternehmer, die eine Buchhaltung führen, wird die Vermutung eingeführt (neuer § 3 Abs. 3 IG), dass bei dem Erfüllen der Bedingung, dass der Unterschied zwischen Verbindlichkeiten und liquiden Mitteln des Unternehmens weniger als 10 % der fälligen Verbindlichkeiten darstellt, die Zahlungsfähigkeit des Unternehmens angenommen wird. In diesem Fall ist dann also ein Insolvenzantrag zurückzuweisen. Ob die sehr komplizierte Formulierung den Praxistest besteht, kann bezweifelt werden. Wenn ein Unternehmer aber den obigen Beweis erbringt, wird vermutet, dass er zahlungsfähig ist.
Verschärfung der Regeln bei unbegründeten Insolvenzanträgen
Bei „begründeten Zweifeln an einer Begründetheit“ von Insolvenzanträgen, die Gläubiger eingereicht haben, ist nun ein Vorprüfungsrecht des Insolvenzgerichts vorgesehen – statt den Insolvenzantrag innerhalb von zwei Stunden im öffentlich zugänglichen Insolvenzregister zu veröffentlichen, wird die Veröffentlichung, die für einen Insolvenzschuldner vernichtend sein kann, bis zum Ende des darauffolgenden Tages zurückgehalten. Wenn die Prüfung keine evidente Unbegründetheit ergibt, wird der Antrag am Vormittag danach veröffentlicht. Dies soll die Unsitte eindämmen, dass Gläubiger das Insolvenzverfahren wegen seiner Transparenz wiederholt genutzt haben, um Forderungen einzutreiben, anstatt eine Klage einzureichen. Die vor ein paar Jahren eingeführten Regeln zu schikanösen Insolvenzanträgen sind offenbar wirkungslos geblieben.
Neue Vorschriften bei der Anmeldung von Forderungen
Bei der Anmeldung von Forderungen sind ab dem 1. Juli 2017 neue Nachweispflichten zu beachten – insbesondere gesicherte Forderungen müssen genauer und mit mehr Unterlagen belegt werden.
Weitreichende Änderungen im Entschuldungsverfahren
Die durch die Novelle eingeführten Änderungen im Entschuldungsverfahren werden im nächsten bnt Journal erörtert; Anträge auf Entschuldung werden in Zukunft nur noch von Rechtsanwälten und zugelassenen anderen Beratern erstellt und eingereicht werden dürfen. Für die Erstellung solcher Entschuldungsanträge beschränkt die Novelle den Anspruch der Anwälte auf eine Vergütung von bis zu 4.000,- CZK (bei Anträgen, die Eheleute gemeinsam stellen, 6.000,- CZK). Dies bedeutet einen fast planwirtschaftlichen Eingriff in die Vertragsfreiheit der Anwälte.
Alle Änderungen, die die Novelle im IG und anderen Gesetzen einführt, treten Mitte des Jahres, d.h. am 1. Juli 2017, in Kraft.
Quelle: Insolvenzgesetz (Gesetz Nr. 182/2006 Slg.), geändert durch die Novelle (Gesetz Nr. 64/2017 Slg.)