Polen: Gesetzgeber überarbeitet Gesetz zur Haftung von Holdinggesellschaften.
Der polnische Gesetzgeber hat endlich erkannt, dass Konzernunternehmen keine separaten, unabhängigen Einheiten sind, sondern üblicherweise ein gemeinsames Interesse verfolgen.
Nach dem Entwurf zur Änderung des polnischen Handelsgesellschaftsgesetzes können Kapitalgesellschaften, die miteinander verbunden sind oder bei denen eine Gesellschaft eine andere beherrscht, die Verfolgung eines gemeinsamen Interesses erklären und eine Gruppe bilden. Dies geschieht auf der Grundlage von Beschlüssen ihrer Gesellschafter und der Mitteilung dieser Tatsache an das Gerichtsregister (im Falle ausländischer Muttergesellschaften – nur an das Register der Tochtergesellschaften).
Die Tatsache der Gründung einer solchen Gruppe konzernierter Gesellschaften muss auch auf dem Briefkopf der Konzernunternehmen (mit Sitz in Polen) offengelegt werden. Die Bildung eines Konzerns erfolgt also nicht automatisch, sondern ist eine Entscheidung der Gesellschaften.
Die Veröffentlichung der Konzernierung im Register bedeutet unter anderem, dass die Mitglieder des Vorstands/Geschäftsführer der polnischen Gesellschaft unter bestimmten Bedingungen verbindliche Weisungen der Muttergesellschaft annehmen müssen, um ein gemeinsames Interesse zu verfolgen. Die Erteilung der verbindlichen Weisung ist grundsätzlich auch dann möglich, wenn die Tochtergesellschaft dadurch einen Schaden erleidet, solange dies nicht zu ihrer Insolvenz oder drohenden Insolvenz führt.
Vorstandsmitglieder/Geschäftsführer, die eine solche verbindliche Weisung ausführen, haften im Kern nicht für den Schaden, der dem Unternehmen dadurch entsteht – weder zivil- noch strafrechtlich.
Außerdem will der Gesetzgeber die Haftung von Vorstandsmitgliedern/Geschäftsführern in allen Kapitalgesellschaften (nicht nur in solchen, die zu Konzernen gehören) abmildern. Sie werden sich mit der Begründung verteidigen können, dass sie ihrem geschäftlichen Ermessen gefolgt sind und das zulässige Risiko nicht überschritten haben.
Es sind jedoch keine Änderungen bei der Haftung von Vorstandsmitgliedern/Geschäftsführern für steuerliche Verpflichtungen oder bei der strafrechtlichen und fiskalischen Haftung, z. B. für die Unterbewertung von Einkünften polnischer Tochtergesellschaften und die Verlagerung dieser Einkünfte ins Ausland, geplant. Bei derartigen Vorwürfen ist die Erteilung verbindlicher Weisungen daher voraussichtlich kein wirksames Mittel zur Haftungsvermeidung.
Der Haftungsbefreiung der Vorstandsmitglieder/Geschäftsführer für Schäden, die in Folge der Ausführung verbindlicher Weisungen eingetreten sind, steht die Haftung der Muttergesellschaft gegenüber der Tochtergesellschaft, den Minderheitsgesellschaftern und Dritten – den Gläubigern – gegenüber.
Die Haftung gegenüber der Tochtergesellschaft wird in der Praxis nur im Falle einer Insolvenz, bei Minderheitsgesellschaftern, aber auch bei einem Strukturwandel zum Tragen kommen. Die Regelung der Haftung für die Ausführung verbindlicher Weisungen wird daher beim Verkauf von Unternehmen zu beachten sein.
Quelle: Entwurf eines Gesetzes vom 9. Februar 2022 zur Änderung des Gesetzes über Handelsgesellschaften und einiger anderer Gesetze – Text übermittelt an den Senat