Tschechien: Elektronische Verlängerung des temporären Schutzes für ukrainische Flüchtlinge in der Tschechischen Republik bis Ende März 2023 (Update)

Weil der Europäische Rat die Entscheidung 2022/382 vom 4. März 2022 auf Vorschlag der EU-Kommission im Oktober 2022 um ein Jahr verlängert hat, hat das tschechische Parlament durch eine Änderung des Gesetzes Nr. 65/2022 Sb. Mitte Januar 2023 ebenfalls den temporären Schutz um ein Jahr verlängert, und zwar bis zum 31. März 2024.

Eine elektronische Registrierung bis zum 31. März 2023 ist obligatorisch, und dafür haben die Flüchtlinge zwei Monate Zeit. Auch viele andere EU-Länder – außer Dänemark –, und die europäischen Länder, die ähnliche Regime haben, wie Dänemark, die Schweiz, Norwegen, das Vereinigte Königreich u.a., haben diesen temporären Schutz auch verlängert.

Weil in der Tschechischen Republik fast 450000 solcher Aufenthaltstitel („temporärer Schutz“) ausgegeben worden sind, hat der tschechische Gesetzgeber entschieden, die ukrainischen Flüchtlinge zu verpflichten, sich elektronisch zu registrieren, und zwar ab dem 30. Januar 2023 bis zum 31. März 2023. Damit gilt der temporäre Schutz als automatisch bis zum 31. März 2024 verlängert. Mit der elektronischen Registrierung beantragt jeder Flüchtling gleichzeitig einen Termin bei der zuständigen Ausländerbehörde des Innenministeriums (OAMP MV) oder der Bezirksabteilung für die Hilfe für ukrainische Flüchtlinge (tsch.: Krajské asistenční centrum pro uprchlíky z Ukrajiny; KACPU). Die Flüchtlinge müssen sich einen entsprechenden Sichtvermerk im Pass bis 30. September 2023 abholen. Auf diese Regelungen hat das Innenministerium der Tschechischen Republik in einem Onlineseminar am 16. Januar 2023, und dann auch auf seinen Webseiten zur Information der ukrainischen Flüchtlinge (hier: Informace pro ukrajinské občany na území ČR v návaznosti na ruskou agresi na Ukrajině – Ministerstvo vnitra České republiky (mvcr.cz)), hingewiesen, auch darauf, dass diese Webseite ab dem 30. Januar 2023.

Die Flüchtlinge, die sich elektronisch bis zum 31. März 2023 nicht registrieren, laufen Gefahr, dass ihr temporärer Schutz ab dem 1. April 2023 erlischt. Wer sich bis 30. September 2023 den Eintrag im Pass nicht abholt, läuft ebenfalls Gefahr, den Aufenthaltstitel zu verlieren.

Solche ukrainische Flüchtlinge, die keinen Titel eines temporären Schutzes haben, sondern nur ein sog. Duldungsvisum (tsch.: „vizum strpění“) nach dem Ausländergesetz (§ 33 Ges. Nr. 326/1999 Sb.), müssen keinen Termin bei der zuständigen Ausländerbehörde (OAMP) beantragen, eine elektronische Registrierung ist weder möglich, noch notwendig. Für diese Personen, so das OAMP, verlängere sich das Duldungsvisum automatisch. Aber ein Termin bei der OAMP ist notwendig, um dieses Visum auch im Pass zu verlängern.

Die Verlängerung von fast einer halben Million Aufenthaltstiteln ist eine große Herausforderung für die Verwaltung, allerdings bleiben viele Frage offen: was passiert bei einem ausgelaufenen ukrainischen Pass, was bei Kindern, die im Pass der Eltern eingetragen sind, oder bei Flüchtlingen, die nie einen gültigen ukrainischen Pass hatten? Das tschechische Innenministerium verweigert sich mit allen Mitteln, solchen Flüchtlingen, die gar keine gültigen ukrainische Dokumente (oder Dokumente von Drittstaaten) haben, sog. tschechische Fremdenpässe auszugeben. Diese Personen werden an die ukrainische Botschaft in Prag verwiesen, die aber keine Pässe ausstellt (nur die ukrainische Botschaft in Warschau in Polen stellt diese aus). Und was passiert mit Flüchtlingen, die von einem Duldungsvisum in den temporären Schutz wechseln wollen? Was ist mit solchen Flüchtlingen, die einen temporären Schutz in einem anderen EU-Staat haben (auf diese bezieht sich die Verlängerung, die hier in Rede steht, nämlich nicht), die sich aber in der Tschechischen Republik aufhalten?

Auch sonst bleiben viele Fragen bei der Novellierung des Gesetzes Nr. 65/2022 Sb. offen, das weniger novelliert als komplett aufgehoben scheint: ist ein Wechsel eines temporären Schutzes von einem EU-Land in ein anderes EU-Land, z.B. aus Polen in die Tschechische Republik, überhaupt möglich, z.B. bei Familienzusammenführung zwischen Ehegatten oder minderjährigen Kindern mit ihren Eltern? Und wenn ja, in welchen Fallgruppen und zu welchen Bedingungen? Und was passiert mit solchen Flüchtlingen, die sich zwar ordnungsgemäß bis zum 31. März 2023 registrieren, deren temporärer Schutz aber aus anderen Gründen schon erloschen ist, z.B. die einen Titel in einem anderen EU-Land haben, die ein türkisches, kanadisches oder anderes Auswanderungsvisum beantragt oder erhalten haben?

Und zu guter Letzt bleibt die wichtigste Frage ganz offen: was passiert mit den Flüchtlingen, die die elektronische Anmeldung bis zum 31. März 2023 verpassen? Ihr temporärer Schutz erlischt am nächsten Tag, also am 1. April 2023, aber kaum einer wird die Tschechische Republik verlassen wollen oder können. Aber was passiert dann mit diesen illegalen Flüchtlingen? Denn diese können kaum in die Ukraine ausgewiesen werden, es sei denn, dass dort der Krieg beendet sein wird, wonach es leider zurzeit nicht aussieht.

Für die Flüchtlinge, deren temporärer Schutz erlischt, scheint es kein Konzept zu geben. Diese fallen auch nicht automatisch z.B. in den Status des Duldungsvisums. Der tschechische Gesetzgeber hat wohl nur die vage Hoffnung, dass diese Flüchtlinge aus der Tschechischen Republik irgendwie verschwinden, z.B. zurück in die Ukraine oder nach Deutschland oder andere EU-Länder oder Drittländer mit liberaleren Regeln ausreisen.

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