Der gute Ruf juristischer Personen als schutzwürdiges Gut: das Verfassungsgericht gibt den Weg für immaterielle Schadensersatzansprüche frei.
Bisher konnten juristische Personen im tschechischen Rechtssystem keinen Schadenersatz für immaterielle Schäden geltend machen, die durch ungerechtfertigte Eingriffe in ihren guten Ruf entstanden sind. Dies hat sich jedoch mit dem jüngsten Urteil des Verfassungsgerichts Pl. ÚS 26/24 geändert. Der vorliegende Artikel befasst sich mit dem Inhalt dieser Entscheidung und ihren Folgen.
Hintergrund des Falls
In der bisherigen Rechtsprechung, insbesondere in den Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs, wurde die Gewährung von Schadensersatz für immaterielle Schäden an juristische Personen strikt abgelehnt. Dies lag an der früheren Auslegung von § 135 und § 2894(2) des Bürgerlichen Gesetzbuchs, die nur für Sachschäden gelten sollte und nur dann Schadensersatz für immaterielle Schäden zuließ, wenn dies gesetzlich ausdrücklich vorgesehen war. Die Beeinträchtigung des Rufs einer juristischen Person gehörte nicht dazu.
Der Anstoß für das Eingreifen des Verfassungsgerichts war eine Verfassungsbeschwerde der Bürgervereinigung Milion Chvilek, die eine Entschädigung für den immateriellen Schaden an ihrem Ruf forderte. Auch hier kam der Oberste Gerichtshof zunächst zu dem Schluss, dass juristische Personen keinen Anspruch auf einen solchen Anspruch haben. Das Verfassungsgericht hat diese Schlussfolgerung jedoch zurückgewiesen.
Die wichtigsten Schlussfolgerungen des Urteils des Verfassungsgerichts
Das Verfassungsgericht kam zu dem Schluss, dass der wirksame Schutz des Rufs juristischer Personen, der in Artikel 10(1) der Charta der Grundrechte und Grundfreiheiten verankert ist, die Möglichkeit erfordert, angemessene Entschädigungen zu verlangen, ähnlich wie in Fällen von unlauterem Wettbewerb gemäß § 2988 des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Mit anderen Worten: Juristische Personen müssen für immaterielle Schäden, die durch ungerechtfertigte Eingriffe in ihren Ruf verursacht werden, entschädigt werden können, genau wie dies bei Unternehmen der Fall ist, die von unlauterem Wettbewerb betroffen sind.
Gleichzeitig betonte das Verfassungsgericht, dass der Ruf einer juristischen Person nicht nur ein wirtschaftliches Gut (in Form des Firmenwerts) ist, wie zuvor behauptet wurde. Es handelt sich um ein Rechtsgut, das durch die verfassungsmäßige Ordnung geschützt wird, und diese Tatsache rechtfertigt, dass sein Schutz auch und gerade durch Entschädigung für immaterielle Schäden gewährt wird.
Auswirkungen der Entscheidung
1) Neue Möglichkeiten, Ansprüche geltend zu machen
Unternehmen, Gesellschaften, Stiftungen und Verbände können nun nicht nur eine einstweilige Verfügung gegen rechtswidriges Verhalten und die Beseitigung der Folgen der Rufschädigung beantragen, sondern auch eine angemessene Wiedergutmachung, die in Form einer finanziellen Entschädigung erfolgen kann.
2) Änderung der Rechtsprechung der allgemeinen Gerichte
Der Oberste Gerichtshof und die unteren Gerichte müssen die Gesetzgebung in einer Weise neu auslegen, die dem Schutz vor unlauterem Wettbewerb entspricht, was eine erhebliche Abkehr von der derzeitigen Praxis darstellt. Juristische Personen können eine Entschädigung für immaterielle Schäden verlangen, die beispielsweise durch eine Verleumdungskampagne, die Verbreitung falscher Informationen oder herabsetzende Äußerungen in den Medien verursacht wurden.
3) Gesetzesänderungen?
Obwohl das Verfassungsgericht den Gesetzgeber nicht dazu verpflichtet, das Zivilgesetzbuch zu ändern, ist mit Diskussionen zu rechnen, ob die Gesetzgebung nicht durch eine ausdrückliche Bestimmung ergänzt werden sollte, welche juristischen Personen das Recht auf Entschädigung für immaterielle Schäden in gewissem Umfang einräumt.
SLAPP-Klagen – Missbrauchsrisiko?
Ein wichtiger Aspekt, der die neue Entscheidung beeinflussen könnte, ist die Frage der sogenannten SLAPP-Klagen (Strategic Lawsuits Against Public Participation), d. h. strategische Klagen gegen die Meinungsfreiheit. Diese Klagen werden oft von großen Unternehmen eingesetzt, um Journalisten, Aktivisten oder Kritiker einzuschüchtern, die unfaire Praktiken von Unternehmen oder öffentlichen Einrichtungen aufzeigen.
Die Entscheidung des Verfassungsgerichts kann den Schutz juristischer Personen stärken, wirft aber auch Bedenken auf, ob die neuen Möglichkeiten der Entschädigung für immaterielle Schäden nicht speziell für SLAPP-Klagen gegen die Medien oder die Zivilgesellschaft missbraucht werden. Die Europäische Union und der Europarat warnen seit langem vor den Gefahren solcher Klagen und haben gesetzgeberische Maßnahmen dagegen unterstützt.
Ein entscheidender Faktor wird sein, wie die Gerichte in der Praxis den Schutz des Unternehmensrufs gegen den Schutz der Meinungsfreiheit abwägen. Sowohl die Gesetzgebung zum unlauteren Wettbewerb als auch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte deuten darauf hin, dass die Gerichte sehr sorgfältig prüfen müssen, ob ein Anspruch auf Ersatz eines immateriellen Schadens tatsächlich legitim ist oder ob es sich um einen Versuch handelt, Kritik zum Schweigen zu bringen.
Was ist abschließend zu sagen?
Das Urteil des Verfassungsgerichts Pl. ÚS 26/24 verändert die Rechtslage juristischer Personen im Bereich des Schutzes ihres Rufs grundlegend. Es ebnet ihnen den Weg, eine Entschädigung für immaterielle Schäden zu fordern, was nicht nur Auswirkungen auf Unternehmer, sondern auch auf eine Vielzahl von gemeinnützigen Organisationen und öffentlichen Einrichtungen haben kann.
Angesichts dieser Änderungen ist es ratsam, dass juristische Personen die neuen Schutzmöglichkeiten kennen und mögliche Maßnahmen in Situationen in Betracht ziehen, in denen ihr Ruf fälschlicherweise oder zu Unrecht geschädigt wird.
Gleichzeitig ist es jedoch wichtig, dass diese neuen Möglichkeiten nicht zu einem Instrument werden, welches dazu dient, die Öffentlichkeit oder die Medien durch SLAPP-Klagen einzuschüchtern. Wie die Gerichte mit diesem neuen Rechtsrahmen umgehen werden, wird sich in den kommenden Jahren in ihrer Entscheidungspraxis zeigen.
Quelle:
Verfassungsgericht, Pl. ÚS 26/24