Tschechien: Falls bei der Übernahme des Mietgegenstands Mängel vorliegen, ist ein Rücktritt vom Mietvertrag möglich.

According to judgment 26 Cdo 2177/2021 of the Supreme Court of the Czech Republic of 4 April 2022, one may refuse to take over non-residential rental premises due to defects that would preclude their proper use and to withdraw from the lease agreement as well. The Civil Code only foresees the cancellation of the lease as one of the possible ways of terminating the lease agreement.

Im April dieses Jahres befasste sich der Oberste Gerichtshof mit einem interessanten Fall, in dem ein Mieter sich darauf berief, er sei nicht verpflichtet, den Mietzins für die von ihm zur gewerblichen Nutzung angemieteten Räumlichkeiten zu zahlen, die er aufgrund deren völlig unzureichenden Zustands gar nicht erst von der Vermieterin übernommen hatte. Nachdem der Mieter festgestellt hatte, dass sich die gemieteten Gewerberäume am Tag der Übergabe nicht in einem Zustand befanden, der ihm die ungestörte Ausübung seiner Rechte (d. h. die friedliche Nutzung der gemieteten Gewerberäume) ermöglicht hätte, schickte er der Vermieterin bereits am nächsten Tag (dem 2. Juni 2015) ein als „Rücktritt vom Vertrag“ betiteltes Schreiben. Hier muss erwähnt werden, dass die Parteien diese Möglichkeit zur Beendigung des Mietvertrags nicht im Mietvertrag vereinbart hatten, und dass auch das Bürgerliche Gesetzbuch den Rücktritt als Option zur Beendigung von Mietverträgen nicht kennt. Das Bürgerliche Gesetzbuch sieht nur die Kündigung als eine der möglichen Arten der Beendigung des Mietverhältnisses vor. Anschließend übersandte der Mieter der Vermieterin eine fristlose Kündigung des Wohnungsmietvertrags wg. erheblicher Mängel, die die Nutzung der Immobilie für die Einlagerung von EDV-Technik verhinderten. Dieses Kündigungsschreiben wurde der Vermieterin am 1. August 2015 zugestellt.

Nachdem sich die Vermieterin geweigert hatte, die Kaution des Mieters in Höhe von zwei Monatsmieten (d. h. 290 359,- CZK mit Nebenkosten) zurückzuerstatten, da sie die Beendigung des Mietverhältnisses durch Rücktritt nicht als wirksam beendet ansah, ging die ganze Angelegenheit vor Gericht. Das Gericht erster Instanz verurteilte die Beklagte (d. h. die Vermieterin), dem Kläger den geforderten Betrag zu zahlen und verneinte die Widerklage der Beklagten auf Feststellung, dass der Rücktritt vom Mietvertrag über die Gewerberäume durch den Kläger ungültig war. Das Berufungsgericht vertrat jedoch eine gegenteilige Auffassung und sah den Rücktritt vom Mietvertrag als ungültig an, u.a. deswegen, weil die Parteien den Rücktritt nicht als Methode zur Beendigung des Mietvertrags vereinbart hatten und diese Methode, wie oben erwähnt, in den gesetzlichen Bestimmungen nicht vorgesehen ist.

Damit gelangte der Fall vor den Obersten Gerichtshof, der zwei bisher ungeklärte materiellrechtliche Fragen zu beantworten hatte, und zwar:

  1. ob ein Mietvertrag über Gewerberäume nach den allgemeinen Bestimmungen des § 1977 des Bürgerlichen Gesetzbuchs kündbar ist;
  2. ob der Mieter zur Mietzinszahlung verpflichtet ist, wenn die Mietsache aufgrund von Mängeln, die den vereinbarten Verwendungszweck verhindern, nicht übernommen wird.

In der ersten Frage stützte sich der Oberste Gerichtshof auf die Tatsache, dass Mietverhältnisse immer auch schuldrechtliche Beziehungen sind und somit den allgemeinen Bestimmungen über Schuldverhältnisse (§ 1721 – § 2054 BGB-cz) unterliegen, sofern die Regelungen zur Miete (§ 2201 – § 2331 BGB-cz) keine besonderen Bestimmungen enthalten. Der Oberste Gerichtshof stellte außerdem fest, dass ein gesetzliches Rücktrittsrecht zwar nicht ausdrücklich in den Regelungen zur Miete vorgesehen ist, es den Parteien jedoch unbenommen bleibt, im Mietvertrag über Gewerberäume die Möglichkeit des Rücktritts vom Vertrag zu vereinbaren. Darüber hinaus argumentierte der Oberste Gerichtshof, dass dort, wo eine vertragliche Verpflichtung durch den Verzug einer der Parteien in erheblicher Weise verletzt wird, nach Erachten des Gerichts kein Grund besteht, den gesetzlichen Rücktritt vom Mietvertrag nach den allgemeinen Bestimmungen des § 1977 BGB-cz nicht zuzulassen (und zwar auch dann, wenn die Parteien diese Möglichkeit im Mietvertrag nicht vorgesehen haben). Nach Ansicht des Obersten Gerichtshofs stellt die Nichtübergabe der Immobilie zum vereinbarten Zeitpunkt in einem Zustand, der dem vereinbarten Mietzweck entspricht, ohne Zweifel eine erhebliche Verletzung einer vertraglichen Verpflichtung im Sinne von § 2002 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dar.

Hinsichtlich der zweiten Frage – ob ein Mieter verpflichtet sei, Mietzins für den Zeitraum zu zahlen, in dem die von ihm gemieteten Räumlichkeiten aufgrund von Mängeln nicht übergeben und nicht genutzt wurden – führte das Gericht aus, Mieter hätten das Recht auf Mietzinsstundung ja bereits dort, wo eine bereits übernommene Sache aufgrund von Mängeln nicht genutzt werden kann, so dass der Schluss statthaft ist, dass keine Verpflichtung zur Zahlung von Mietzins besteht, wenn die fragliche Sache überhaupt nicht übernommen wurde.

Es empfiehlt sich von daher, die Bedingungen für den Beginn des Mietverhältnisses und die Übernahme des Mietobjekts in Mietverträgen sorgfältig auszugestalten, insbesondere bei gewerblich genutzten Immobilien, bei denen Mietzins und Kaution sich auf höhere Beträge belaufen. Nur so kann möglichem Schaden für den Fall vorgebeugt werden, dass die Gewerberäume aufgrund von mieterseitig behaupteten Mängeln nicht übernommen werden, obwohl der Vermieter bereits wesentliche Beträge für die Herrichtung der Räume zur Vermietung ausgegeben hat.

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