Tschechien: Die wichtigsten Änderungen der in Entstehung befindlichen „großen Novellierung“ des Arbeitsgesetzbuchs

Das Arbeitsgesetzbuch soll 2023 weitreichende Änderungen bringen. V.a. Arbeitgeber sollten sich darauf einstellen, dass das geplante Änderungsgesetz neue Pflichten einführt. Wichtige Änderungen sind insbesondere hinsichtlich Bagatell- und Nebenbeschäftigungen außerhalb regulärer Beschäftigungsverhältnisse vorgesehen, sowie hinsichtlich der Home-Office-Regelungen und der Kommunikation zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer.

Der Beweggrund für die vorgeschlagenen Änderungen ist nicht allein in der notwendig gewordenen Umsetzung von EU-Richtlinien zur Stärkung der Position der Arbeitnehmer zu suchen: das Änderungsgesetz will außerdem praktische neue Anforderungen des Arbeitslebens und der fortschreitenden Digitalisierung berücksichtigen. In diesem Artikel möchten wir einen kurzen Überblick über die wichtigsten neuen Regeln bieten, wie sich diese anhand des aktuellen Gesetzesentwurfs darstellen.

Grundlegende Änderungen stehen auch im Bereich Bagatell- und Teilzeitbeschäftigung (Arbeitsvereinbarungen außerhalb eines Regelbeschäftigungsverhältnisses) ins Haus. Diese Vereinbarungen sind unter den Kürzeln „DPP“ und „DPČ“ bekannt. Diese sollen wesentlich ihrer Flexibilität beraubt werden, insofern als auf sie künftig Rechtsvorschriften Anwendung finden würden, die ursprünglich nur für „klassische“ Arbeitsverträge galten. Arbeitgeber sollen künftig verpflichtet werden, auch für Mitarbeiter mit solchen Verträgen eine verbindliche schriftliche Wochenarbeitszeiteinteilung festzulegen. Der Arbeitnehmer soll sich mit diesem Zeitplan (bzw. seinen allfälligen Änderungen) wenigstens eine Woche im Voraus vertraut machen können (vorbehaltlich einer anderweitigen Einigung mit dem Arbeitgeber). Arbeitnehmer unter DPP/DPČ-Vereinbarungen wären außerdem berechtigt, sämtliche Formen von Arbeitshindernissen geltend zu machen und hätten unter bestimmten Bedingungen auch Urlaubsanspruch. Außerdem soll der Arbeitgeber sicherstellen, dass Ruhepausen eingeräumt werden, und einen Zuschlag zahlen (bzw. Freizeitausgleich oder gehaltsgleiche Leistungen gewähren), falls die Arbeit bei Nacht, an Wochenenden oder Feiertagen oder in einer besonders belastenden Arbeitsumgebung erbracht wird.

Auch die Arbeit aus der Ferne (Remote Working, Home Office, …) macht neue Konzepte erforderlich. Das Änderungsgesetz sieht konkrete Regeln für die Arbeitsform vor, um regulatorischen Rückhalt zu schaffen und beiden Parteien Rechtssicherheit zu bieten. Arbeitnehmer sollen künftig die Möglichkeit haben, den Arbeitgeber um eine Home-Office-Möglichkeit zu bitten; falls der Arbeitgeber dieser Bitte nicht entspricht, muss er schriftlich die Gründe hierfür ausführen. Die Arbeit aus der Ferne setzt stets eine schriftliche Vereinbarung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber voraus, in der wenigstens die gesetzlich vorgeschriebenen Inhalte vereinbart sein müssen (wie Arbeitsort, Arbeitszeiten und Stundenpensum, Art der Kommunikation zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber und die Art und Weise der Erteilung von Arbeitsaufgaben). Der Gesetzesentwurf schlägt außerdem eine praktikable Methode für die Erstattung von Home-Office-Aufwendungen in Form einer Aufwandspauschale vor, welche den Großteil der auf Seiten des Arbeitnehmers typischerweise anfallenden Ausgaben erstatten würde (durch Einführung eines stündlichen Pauschbetrags für Gas, Strom, Wasser und Abwasser).

Künftig sollen Arbeitgeber kraft Gesetzes verpflichtet werden, für bestimmte Arbeitnehmergruppen Remote-Work-Arrangements zu ermöglichen, es sei denn, dringliche betriebliche Gründe oder der Charakter der zu leistenden Arbeit machen dies unmöglich. Damit wären insbesondere Sorgeberechtigte mit Kindern von bis zu 15 Jahren sowie Schwangere berechtigt, von zu Hause zu arbeiten, falls sie ihren Arbeitgeber darum bitten. Im Falle dieser Arbeitnehmergruppen hat der Arbeitgeber schriftliche Gründe für die Ablehnung nicht nur des Gesuchs wg. Arbeit aus der Ferne, sondern auch der Bitte um verkürzte Arbeitszeiten oder eine angemessene Umverteilung (oder Kürzung) der Wochenarbeitszeiten darzulegen. Der Arbeitgeber sollte außerdem dem Wunsch derjenigen Arbeitnehmer entsprechen, die ihre ursprünglichen Arbeitsbedingungen wieder herstellen möchten.

Als letzte Neuheit im Rahmen dieser Übersicht möchten wir die Einführung der digitalen Zustellung in arbeitsrechtlichen Beziehungen erwähnen. In diesem Zusammenhang geht der Gesetzesentwurf über die Anforderungen der umzusetzenden EU-Richtlinien hinaus, um ein aus der Praxis geborenes Bedürfnis zu erfüllen. U.a. soll für bestimmte Dokumente die Zustellung per E-Mail oder Datenbox zulässig sein. Die grundlegenden Prinzipien für das Zustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses bleiben gewahrt, aber nach den neuen Regeln ist vorgesehen, dass beim elektronischen Abschluss eines Arbeitsvertrags (oder einer Vereinbarung über eine Nebenbeschäftigung oder Teilzeittätigkeit – DPP/DPČ – oder Änderungen derselben) die Vertragsausfertigung vom Arbeitgeber an die persönliche elektronische Adresse des Arbeitnehmers zugesandt werden muss, die der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber zu diesem Zweck vorab mitgeteilt hat. Der Arbeitnehmer ist sodann berechtigt, von dem solcherart geschlossenen Arbeitsvertrag innerhalb einer bestimmten Frist zurückzutreten. Der Rücktritt muss schriftlich ausgesprochen werden und ist nur möglich, wenn der Arbeitnehmer die Arbeit noch nicht angetreten hat.

Die vorgeschlagenen neuen Regeln für die elektronische Unterzeichnung und Zustellung sollte Beschäftigungsverhältnisse flexibler gestalten und den Verwaltungsaufwand reduzieren, der im Zusammenhang mit dem Zustandekommen, der Änderung oder der Beendigung von Beschäftigungsverhältnissen anfällt – in der Praxis ist hierfür bisher immer erheblicher Papierkram angefallen.

Die Novellierung des Arbeitsgesetzbuchs steht noch ganz am Anfang des gesetzgeberischen Prozesses; insofern steht offen, in welcher Form und wann die hierin beschriebenen Änderungen in Kraft treten werden. Wir bleiben selbstverständlich am Ball, um den Fortschritt der Initiative und ihre etwaigen Änderungen zeitnah zu erfassen, und werden Sie an dieser Stelle über die Entwicklung informieren.
Quelle:
Begründung des Gesetzesentwurfs
Pressemitteilung des Ministeriums für Arbeit und Soziales

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