Die Regeln für ukrainische Flüchtlinge in EU-Ländern

Wegen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine hat die Europäische Union – zum ersten Mal überhaupt seit 2001 – die Richtlinie Nr. 2001/55/EG über „Mindestnormen für die Gewährung vorübergehenden Schutzes im Falle eines Massenzustroms von Vertriebenen und Maßnahmen zur Förderung einer ausgewogenen Verteilung der Belastungen, die mit der Aufnahme dieser Personen und den Folgen dieser Aufnahme verbunden sind, auf die Mitgliedstaaten“ aktiviert.

Wegen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine hat die Europäische Union – zum ersten Mal überhaupt seit 2001 – die Richtlinie Nr. 2001/55/EG über „Mindestnormen für die Gewährung vorübergehenden Schutzes im Falle eines Massenzustroms von Vertriebenen und Maßnahmen zur Förderung einer ausgewogenen Verteilung der Belastungen, die mit der Aufnahme dieser Personen und den Folgen dieser Aufnahme verbunden sind, auf die Mitgliedstaaten“ aktiviert (nur „Richtlinie“), und zwar durch den Durchführungsbeschluss Nr. (EU) 2022/382 vom 4. März 2022 (nur “Beschluss”). Letzterer wurde in der Tschechischen Republik durch drei Gesetze umgesetzt, die am 21.März 2022 in Kraft getreten sind, die Richtlinie war schon durch das Gesetz Nr. 221/2003 über den zeitweiligen Schutz von Ausländern umgesetzt (dazu unten; in Deutschland gilt dazu § 24 AufenthaltsG). Dies bedeutet, dass die ukrainischen Flüchtlinge nun Asylverfahren einschließlich der Dublin I-III Regeln vermeiden können (d.h.: Asylverfahren im Ankunftsstaat in der EU, keine Sekundärmigration in der EU, etc.), und auch alle Fragen, die mit der Alternative verbunden sind, Schutz in anderen Teilen des Herkunftsstaates zu suchen (z.B. in den westlichen Teilen der Ukraine).

Der Beschluss erlaubt es ab dem 4. März 2022 ukrainischen Flüchtlingen (ukrainischen Staatsbürgern; deren Familienmitgliedern, auch Drittstaatsangehörigen, z.B. der russischen Ehefrau oder dem russischen Ehemann eines ukrainischen Staatsbürgers aus Kiew, Charkow oder Mariupol; staatenlosen Personen und Drittstaatsangehörigen, die einen unbefristeten Aufenthalt in der Ukraine vor dem 24. Februar 2022 hatten und die nicht in das Land ihrer Staatsangehörigkeit oder des vorigen Wohnsitzes zurückkehren können), vorübergehend sich in jedem EU-Mitgliedstaat, außer in Dänemark, niederzulassen und dort einen vorübergehenden Schutz zu beantragen. Dänemark hat den Beschluss in einem extremen Akt von Unsolidarität innerhalb der EU (Vorbemerkung Nr. 26 des Beschlusses) nicht unterstützt. Schon William Shakespeare wusste es: “Etwas ist verrottet im Staat von Dänemark”. Somit haben Ukrainer und ihnen gleichgestellte Drittstaatsbürger eine freie Wahl innerhalb der EU (außer in Dänemark – wobei Dänemark Mitte März ähnliche Gesetze in Kraft gesetzt hat, um Ukrainern Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigungen zu erteilen); die ukrainischen Flüchtlinge können ohne eine Arbeitsgenehmigung arbeiten und unterliegen für mindestens ein Jahr dem Sozialversicherungssystem in der EU; eine Verlängerung dieses Beschlusses ist auf zwei oder drei Jahre möglich. Der Beschluss ist als Mindeststandard zu verstehen; jeder EU-Staat kann höhere Standards einführen und muss seine eigenen Regeln entsprechend dem Beschluss umsetzen.

Die Umsetzung des Beschlusses in EU-Staaten außer Dänemark kann auch solche Flüchtlinge umfassen (cf. die Vorbemerkung 14, zweiter Satz des Beschlusses), die Schutz in EU-Staaten suchen, wenn diese schon vor dem 24. Februar 2022 dort waren und sich dort immer noch auf der Grundlage eines Kurzzeitvisums, eines Langzeitvisum oder visafrei als Touristen aufhalten und ihr Aufenthalt nicht verlängert werden kann und die Genehmigung in den nächsten 14 Tagen ausläuft (das bezieht sich auf alle sich gegenwärtig in der EU, außer Dänemark, aufhaltenden Ukrainer, z.B. solche in Polen, Spanien, Deutschland, in der Slowakei und Ungarn und Italien, wo deren Anzahl am höchsten ist). Auch in der Tschechischen Republik können solche Ukrainer das spezielle Langzeitvisum gemäß dem Beschluss beantragen, weil sie nicht in die Ukraine zurückkehren können. Ukrainer und andere Staatsbürger, die unter den Beschluss fallen und die in die Tschechische Republik nach dem 24. Februar 2022 kommen, können das Langzeitvisum bei den Regionalzentren für Hilfe und Assistenz für die Ukraine beantragen (tsch.: KACPU). Dieses erbringt nicht nur Unterstützung für die Visa, sondern auch andere Dienstleistungen wie Unterkunft, Arbeitsplätze und Versicherungen. Das Gesetz Nr. 65/2022 hat allerdings nur den Mindeststandard des Beschlusses übernommen, d.h. den Schutz nicht auf andere Flüchtlinge ausgedehnt. Diese können dann nur einen Antrag auf Asyl oder nach der Genfer Flüchtlingskonvention stellen. Zurückweisungen unterliegen keiner gerichtlichen Kontrolle (§5 Abs. 2 Satz 2 Ges. 65/2022 Sb., was verfassungswidrig erscheint und überdies dem § 17 Abs. 1 des Gesetzes über den zeitweiligen Schutz von Ausländern widerspricht). Ablehnungen werden aber begründet. Eine Beschwerde an die Kommission nach §§ 170a,b Ausländergesetz muss aber möglich sein.

Ukrainische Flüchtlinge, die unter den Beschluss fallen, können sich derzeit 90 Tage ohne Visum in der Tschechischen Republik aufhalten. Sie können unter dem Beschluss ein Langzeitvisum mit Dauer bis zu einem Jahr beantragen, das schon die Arbeitsgenehmigung beinhaltet. Andere tschechische Regeln, wie die Registrierung mit der Ausländerpolizei und der Beantragung beim Arbeitsamt, wurden Mitte März durch die neuen Gesetze abgeschafft.

Andere als ukrainische Staatsbürger, die aus der Ukraine geflüchtet sind, können auch das Langzeitvisum gemäß dem Beschluss beantragen, aber sie müssen die entsprechenden Beweise den tschechischen Behörden vorlegen, dass sie Familienmitglieder von ukrainischen Staatsbürgern sind oder eine gültige ständige Aufenthaltsgenehmigung in der Ukraine haben, die vor der Invasion ausgestellt wurde, und dass sie keine Alternative haben, in ihr Herkunftsland oder das Land ihres vorherigen Wohnsitzes zurückzukehren. Es ist nicht ganz klar, das mit Flüchtlingen geschieht, die sich als Drittstaatsbürger in der Ukraine nur auf der Basis einer zeitweiligen Aufenthaltsgenehmigung aufhielten, z.B. bis zu drei oder fünf Jahre, mit dem Zweck des Studiums oder der Arbeit. EU-Mitgliedstaaten können solche Personen auch unter den Beschluss nehmen; andernfalls müssen solche Personen ein Asylverfahren in dem EU-Staat entsprechend der Dublin-Regeln, d.h. in dem ersten EU-Staat, in das sie gekommen sind, einleiten (wenn sie nicht eingeflogen oder zu Land in einen anderen EU-Staat gekommen sind, d.h. in der Regel in Polen, der Slowakei, in Ungarn oder Rumänien), oder einen Antrag nach der Genfer Flüchtlingskonvention stellen. Oder sie reisen nach dem Prinzip der freien Wahl weiter in denjenigen EU-Staat, der den Beschluss auch auf solche Drittstaatsangehörige erweitert hat.

Der Beschluss erlaubt es also, dass die, die unter dessen Schutz stehen, nach der eigenen Wahl ihren Aufenthaltsstaat innerhalb der EU, außer Dänemark, ändern können.

Zusammenfassung für Flüchtlinge aus der Ukraine

Nach deren Ankunft in der EU, insbesondere in der Tschechischen Republik, müssen Ukrainer einige Verpflichtungen erfüllen: Krankenversicherung und Antrag für eine Aufenthaltsgenehmigung unter dem Beschluss. Andere Verpflichtungen, z.B. die Anzeige bei der Ausländerpolizei oder die Beantragung einer Arbeitsgenehmigung, sind mittlerweile – Mitte März – abgeschafft worden. Ein Langzeitvisum, das eine Arbeitsgenehmigung enthält, wird für maximal ein Jahr erteilt, es kann aber auf bis zu drei Jahre verlängert werden.

Ukrainische Staatsbürger und Flüchtlinge, die unter den Beschluss fallen, profitieren von einem anderen Verfahren als dem Asylverfahren, und sie haben im Prinzip die freie Wahl, wo sie in der EU ihren Aufenthalt nehmen wollen, aber sie sollten sich bewusst sein, nicht nach Dänemark zu gehen, auch wenn dort ähnliche Regeln gelten, weil dort der Beschluss nicht gilt.

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