Die Bedingungen für die Gewinnausschüttung in Kapitalgesellschaften früher und heute – ist alles anders?

Die Auslegung der rechtlichen Regelungen zur Ausschüttung von Gewinnen in Kapitalgesellschaften hat sich grundlegend geändert. Von daher empfehlen wir, die folgenden Zeilen sorgfältig zu lesen, falls Sie planen, den Gewinn Ihres Unternehmens aufzuteilen und Gewinnbeteiligungen auszuzahlen.

Nach der früher vorherrschenden Auslegung zur Gewinnausschüttung wurde davon ausgegangen, die in der älteren Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs enthaltene einschränkende Regelung komme auch nach Inkrafttreten des Kapitalgesellschaftsgesetzes (bzw. Körperschaftsgesetzes – Ges. Nr. 90/2012 Slg.) weiterhin zur Anwendung, wonach der auf der Grundlage des festgestellten Jahresabschlusses bzw. der festgestellten außerordentlichen Rechnungslegung ermittelte Gewinn höchstens innerhalb von sechs Monaten ab dem Bilanzstichtag ausgeschüttet werden durfte – mit anderen Worten, bis zum 30.6. des Folgegeschäftsjahres (bei denjenigen Unternehmen, deren Geschäftsjahr mit dem Kalenderjahr übereinstimmt). Nach dem vorstehend beschriebenen Rechtsverständnis konnten nur unter bestimmten Umständen Vorausleistungen auf die Gewinnbeteiligung gemäß einem Zwischenabschluss gewährt werden.

Allerdings ist die Fachwelt von dieser Regel aus einer Reihe von Gründen abgekommen und behauptet nun, der auf der Grundlage des von der Gesellschafterversammlung oder Hauptversammlung festgestellten Jahresabschlusses bzw. der festgestellten außerordentlichen Rechnungslegung ermittelte Gewinn könne auch nach Ablauf der o.g. 6-Monats-Frist ausgeschüttet werden, und zwar bis zum Ende des Folgegeschäftsjahres (also im Regelfall bis zum 31.12.). Der wesentliche Bezugszeitraum für den Einsatz von Vorausleistungen auf die Auszahlung von Gewinnbeteiligungen auf der Grundlage eines Zwischenabschlusses verschiebt sich damit auf den Zeitraum vor der Aufstellung und Feststellung des Jahresabschlusses bzw. der außerordentlichen Rechnungslegung für das vorausgegangene Geschäftsjahr.

So kann z.B. in 2019 (bis zum 31.12.2019) der Gewinn ausgeschüttet werden, der im von der GV festgestellten Jahresabschluss für das Geschäftsjahr 2018 (d.h. zum 31.12.2018) aufgeführt ist. Bis zur Aufstellung und Feststellung des Jahresabschlusses für 2018 können im Jahre 2019 lediglich Anzahlungen auf die Gewinnbeteiligung gewährt werden.

Neben der bereits genannten (i) Feststellung des Jahres- bzw. außerordentlichen Abschlusses für das vorausgegangene Geschäftsjahr seitens der Gesellschafter- bzw. Hauptversammlung sind die Entscheidung der GV über die Gewinnverteilung und die Entscheidung der Geschäftsführung über die Auszahlung der Gewinnbeteiligung in Kapitalgesellschaften außerdem an folgende Bedingungen bzw. Voraussetzungen geknüpft: (ii) die Gesellschaft wird dadurch nicht zahlungsunfähig, (iii) Erfüllung des sog. Bilanztests i.S.d. § 161 Abs. 4 Kapitalgesellschaftsgesetz für GmbHs bzw. § 350 Kapitalgesellschaftsgesetz für Aktiengesellschaften, sowie (iv) die Gesellschaft weist keine Aufwendungen für die Entwicklung von Aktivposten der Bilanz aus, bzw. nur solche, welche die Bedingungen gemäß § 28 Abs. 7 Ges. Nr. 563/1991 Slg. erfüllen.

Eine in Vorbereitung befindliche Novellierung des Kapitalgesellschaftsgesetzes soll die vorstehend beschriebene Auslegung im Zusammenhang mit dem Zeitraum, während dessen eine Gewinnausschüttung möglich ist, ausdrücklich bestätigen; wird der aktuelle Wortlaut dieses Änderungsgesetzes verabschiedet, so wird in dieser Hinsicht Schluss mit Spekulationen sein, was die Möglichkeiten der Gewinnausschüttung anbelangt.


Quelle:
Kapitalgesellschaftsgesetz (Ges. Nr. 90/2012 Slg.)
Rechnungslegungsgesetz (Ges. Nr. 563/1991 Slg.)
Štenglová, I., Havel, B., Cileček, F., Kuhn, P., Šuk, P.: „Zákon o obchodních korporacích. Komentář“ (Das Kapitalgesellschaftsgesetz. Ein Kommentar), 2. Auflage, C. H. Beck, Prag, 2017

 

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